Corona ist ein komplizierterer Gegner als gedacht. Die Menschheit hat nur eine Waffe: Wissenschaft. Doch diese zeigt sich manchmal etwas sperrig.

Ich erinnere mich genau, wie wir bei nano im Dezember 2019 zum ersten mal über Corona berichtet haben. In Wuhan waren Menschen in ihren Wohnungen eingesperrt worden, die Türen zugenagelt. Es wirkte absurd und übertrieben. Dass uns der Klimawandel überrollt, dass das Artensterben mittlerweile auch unsere Spezies bedroht, hatten wir längst auf dem Schirm. Aber dass ein Virus um die Ecke kommen könnte, das unser Leben vollständig aus der Bahn wirft, war damals unvorstellbar. Die SARS-Pandemie war 2003 schließlich auch nach ein paar Monaten in sich zusammengefallen. Warum sollte es diesmal anders sein?

Doch SARS-CoV-2 sollte sich genau als der Gegner entpuppen, vor dem Wissenschaftler längst gewarnt hatten: hochansteckend und tödlich. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass das Virus nicht einmal 30.000 Genbausteine besitzt, sich weder bewegen noch selbst fortpflanzen kann, von einem Gehirn ganz zu schweigen. Ein Nichts. Und doch ist es in der Lage, unsere Zivilisation in die Zange zu nehmen. Trotz unseres hoch entwickelten Immunsystems. Trotz unseres überragenden Verstands. Trotz der Tatsache, dass wir künstliche Intelligenz, Hohlraum-Dübel und Zwölfton-Musik erfunden haben.

Das ist auch eine Demütigung. Das igelige Ding, das weder lebt noch tot ist, kann uns krank machen und töten, es überfordert unser Gesundheitssystem, es nutzt unseren Wunsch nach Nähe gnadenlos aus und bestraft jede Nachlässigkeit. Es strickt uns Menschen zu seinen Replikationsmaschinen um. In der Lunge eines Superspreaders können in einem Milliliter 100 Milliarden Viren stecken. Das sind so viele, wie es Sterne in der Milchstraße gibt.